Zitiert: Wozu präzise sein, wenn es auch grob geht

Bloß nicht aufklären, bloß nicht innehalten: Teile der Medien betreiben einen enthemmten Diskurs. Zum Beispiel nach Silvester in Berlin. […]

Wozu präzise sein, wenn es auch grob geht. „Grob“ ist das neue „besorgt“. „Grob“ ist legitim, „grob“ geriert sich als „wahrhaftig“ und „volksnah“ – es ist stolzer Exhibitionismus der Grobschlächtigkeit. Das Genre der anti-aufklärerischen Meute ist Behaupten und Verdächtigen. Begründen und Verstehen sind gestrige Ambitionen. […]

Gravierende soziale Probleme werden ignoriert, und hemmungslos rassifiziert oder gravierender Rassismus wird geleugnet und umgedeutet als rein soziale Frage. Weder das eine noch das andere wird der sozialen, politischen, ökonomischen Wirklichkeit gerecht. Die mediale-politische Meute ahmt unfreiwillig die Berliner Jugendlichen nach, die sie als desintegrierte Barbaren diskreditieren will: Sie rollt verbalen Dreck auf die Straße und fackelt ihn ab. Es sind publizistische Müllcontainer, die brennen lichterloh und lenken ab. […]

Das mag altmodisch klingen, aber: Verstehen ist Arbeit. Verstehen braucht Zeit. Und natürlich darf und muss gefragt werden, welche sozialen, welche ideologischen, welche psychologischen, welche generationellen Faktoren eine solche Gewalt gegen Rettungskräfte und Polizei begünstigen.

Carolin Emcke, sueddeutsche.de, 13.1.2023 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)