Dieselbe Politik, die einen „radikalen Wumms“ einfordert, hat genau diesen bislang immer verhindert. Es braucht einen Befreiungsschlag, darin sind sich alle Beteiligten einig.
Ein veritabler Versuch in diese Richtung war die Einberufung eines Zukunftsrats, der im Januar 2024 unter anderem eine organisatorische Neuausrichtung vorschlug: die Bildung einer ARD-Zentrale als Dachorganisation. In deren Verantwortung sollen die bundesweiten ARD-Angebote stehen, beispielsweise die Mediathek und das Programm des Ersten. Die sogenannten Gemeinschaftsprogramme sollten weit entschlossener zentral organisiert und somit kostensparender und effizienter produziert werden, als es bisher der Fall ist. Alle anderen Programme sollten die Sender weiterhin regional verantworten. Der Vorschlag wäre aus meiner Sicht ein Reformansatz mit durchschlagender Wirkung: Er würde Strukturen verschlanken, Entscheidungsprozesse verkürzen, Verantwortlichkeiten klar definieren, Programmmacher damit unmittelbar in ihren Entscheidungskompetenzen stärken und damit auch – motivieren.
Statt diesen Vorschlag umzusetzen, wird er innerhalb der ARD ausgebremst. Einer der Mitglieder des Zukunftsrats nennt in einem Interview die Verantwortlichen in den Chefetagen der ARD eine Gruppe von „zähneknirschenden Halbreformern“. Gegenwind kommt auch aus der Politik auf Länderebene, die einen schwindenden Einfluss auf ihre jeweiligen Sender fürchten. Eine „Dachorganisation der Landesrundfunkanstalten“ sei „zu aufwendig“, so ein Mitglied der Rundfunkkommission.
Andres Veiel, sueddeutsche.de, 06.08.2024 (online)