Seit Mitte April ist Krieg im Sudan; mehr als 330.000 Menschen sind auf der Flucht. Und einerseits sind die Medien, auch die deutschen, voll von Berichten darüber. Wenn man in eine Suchmaschine „Sudan“ eingibt, sieht man, wie voll: Beiträge von ARD bis ZDF, von „Augsburger Allgemeiner“ bis zeit.de. Dennoch ist es möglich, jeden Tag die Medien zu nutzen, ohne das Wort „Sudan“ auch nur zu hören, denn Themen sind (oder wirken) oft nicht deshalb vernachlässigt, weil sie von Nachrichtenredaktionen übersehen würden – sondern weil sie, auch mangels Publikumsnachfrage, schnell wieder von Online-Startseiten verschwinden; oder weil sie in Randspalten auf Seite 6 abgehandelt werden; oder weil es keine Bilder fürs Fernsehen gibt.
Sieht man genauer hin, fällt zudem auf, wie wenige Korrespondentinnen und Korrespondenten die Berichterstattung von anderen afrikanischen Ländern aus vorantreiben. Das kommt hier noch dazu: die Korrespondentendürre auf dem Kontinent (die in anderem Zusammenhang auch Gilda Sahebi in einem Interview auf den Seiten des Europäischen Journalismus-Observatoriums EJO kritisiert). Vertreter und Flüchtlingsbotschafterinnen der Uno, das Auswärtige Amt, ProAsyl, Unicef-Sprecher, Regierungsvertreter aus Saudi-Arabien und den USA, deutsche Militärs: Deren Stimmen sind in der bisherigen Sudan-Berichterstattung wahrnehmbar. Die von Menschen aus dem Sudan kaum. […]
Die Ethnologin Valerie Hänsch kritisiert auf freitag.de: „In Medienberichten loben Regierungen der EU die gelungene Evakuierung ihrer Bürger*innen aus dem Sudan. Es ist verständlich und wünschenswert, dass sich Regierungen um ihre Bürger*innen kümmern. Doch was ist mit den Menschen im Sudan?“
Klaus Raab, MDR Altpapier, 08.05. 2023 (online)