Vor fast einem Jahr, ein halbes Jahr, nachdem er für ARD, ZDF und Deutschlandradio sein Gutachten zum Haushaltsbeitrag erstellt hatte, forderte der frühere Verfassungsrichter Paul Kirchhof den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf, seinen Kulturauftrag ernster zu nehmen. ARD und ZDF sollten einmal in der Woche die Kraft haben, die Krimisendung um 20.15 Uhr „durch einen Wertimpuls zu ersetzen, der vielleicht 800.000 Zuschauer anspricht und das Wertefundament in unserer Gesellschaft vertieft“, so Kirchhof laut epdmedien.
Die parteipolitische Zusammensetzung der Talkrunden offenbart zum einen die parteipolitischen Präferenzen der Redaktionen. Zum anderen wird offensichtlich, dass hier insgesamt, über alle Redaktionen und also den öffentlich-rechtlichen Rundfunk gesehen, gegen den Geist des Rundfunkstaatsvertrages verstoßen wird.
Frank Werneke wandte sich auf einer Veranstaltung der Böll-Stiftung in Berlin „gegen die Vorstellung, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ständigen Manipulationsversuchen der Politik ausgesetzt sei. Zwar gebe es Versuche von Lobbyisten, Einfluss zu nehmen.“
Und weiter heißt es in der Medienzeitschrift von ver.di: Die entscheidende Frage sei aber: „Gibt es Intendanten und Intendantinnen, gibt es Chefredaktionen und gibt es selbstbewusste Redaktionen, die diese Einflussnahme abwehren?“ Dies, so Werneke, finde in aller Regel statt. Der Eindruck, dass es einen „politisch durchverfilzten öffentlich-rechtlichen Rundfunk“ gebe, sei jedenfalls ein „Zerrbild“. Mehr Transparenz im Sender – schön und gut, meinte Werneke. Es gebe aber „Dinge in den Gremien, die nicht in die Öffentlichkeit gehören“. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten befänden sich in einem harten Wettbewerb mit privaten Medienanbietern. Teile der Geschäftspolitik dürften „nicht vor der Zeit an die privaten Wettbewerber durchgespielt werden“.
Die die Parteien im Deutschlandradio bei der Besetzung des Programmdirektors mitmischten, darüber berichtete der Kölner Stadtanzeiger: „Statt sein Vorschlagsrecht für den Posten zu nutzen, erhielt Deutschlandradio-Intendant eine Liste von Leuten, die dem Verwaltungsrat zusagten.“ Und so habe der Intendant Willi Steul nicht seinen Favoriten benannt, sondern einen Vorschlag aus der Liste „aufgegriffen“. Dieser Vorschlag sei dann auch vom Verwaltungsrat am 22. Juni „einvernehmlich bestätigt“ worden.
Wollte das ZDF-Kulturmagazin Aspekte wirklich „ein Gespräch in Gang setzen“, als es Thilo Sarrazin durch Kreuzberg begleitete, fragt spiegel.de. Hätte einem nicht vorher klar sein können, dass man Proteste provoziert, wenn man sich zudem mit einer Kamera begleiten lässt?
„Die Journalistin Güner Balci wollte mit Thilo Sarrazin einen Spaziergang durch Kreuzberg und Neukölln drehen – bis der Pöbel die Dreharbeiten beendete. Nun setzt der Deutsche Kulturrat der denunziatorischen Unkultur die Krone auf.“ So stand es vorab in der FAZ. Nach der Sendung am Freitag hieß es dann, dass „durch koordinierte Vorabberichterstattung“ der „für Sarrazins Aktionen typische Lärm erzeugt“ wurde. Die beiden Protagonisten des Films hätten in Artikeln in Springer-Blättern die Dreharbeiten als von Kreuzberg nicht bestandene Probe auf die Liberalität des multikulturellen Stadtteils geschildert.